Folge 40: Chaos bei Wahl der neuen Bundesverfassungsrichter

Shownotes

„Wie viel Unwahrheit ist verbreitet worden, um eine Person zu diskreditieren?“, fragt sich Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte mit Blick auf eine turbulente Woche rund um die Plagiatsvorwürfe gegen Frauke Brosius-Gersdorf. Um die gescheiterte Wahl der neuen Bundesverfassungsrichter zu besprechen, haben VRM-Chefredakteur Dennis Rink und Politikwissenschaftler Korte ihre Sommerpause kurzerhand verschoben.

Die noch junge Koalition steht vor der dringenden Aufgabe, ihre Steuerungsmechanismen zu überarbeiten. „Da ist noch einiges zu lernen“, sagt Korte. Trotz langer Vorbereitungszeit sei es nicht gelungen, eine „ampelige Szenerie“ bei der Richterwahl zu vermeiden – die Erwartungen wurden enttäuscht.

Im Fokus steht auch CDU-Fraktionsvorsitzender Jens Spahn, der die Lage offenbar unterschätzt hat. „Das Abstimmverhalten war offensichtlich unklar“, sagt der Politikwissenschaftler und ergänzt: „Wenn es dann derart öffentlich wird, beschädigt man automatisch Leute.“

Ein Angebot der VRM.

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00:00:00: Korte und Ring - Politik, die bewegt.

00:00:08: Einen neuen Montag und das aktuelle politische Geschehen hat uns ein Strich durch die Rechnung gemacht.

00:00:17: Eigentlich wollten Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, oder wie gut er bekannte, wie ich ihn nennen, Mozart,

00:00:22: und ich uns heute mit einer letzten Folge unseres VRM-Podcasts "Korte und Ring" in die Sommerpause verabschieden.

00:00:28: Aber Herr Korte, wir haben zu reden.

00:00:31: Und zwar über das, was sich letzten Freitag nicht auf der Bühne der Demilungenfestspieler abgespielt hat.

00:00:37: Darüber vielleicht auch, sondern über das, was sich im Bundestag abgespielt hat.

00:00:41: Deswegen an dieser Stelle nochmal herzlich willkommen an den bestaussehnsten, eloquentesten und fidilsten Politikwissenschaftler Deutschlands.

00:00:50: Ja, vielen Dank. Diese Vorschusslurbern kennen die Hörerinnen und Hörer und wissen, dass das haltlos ist.

00:00:57: Manche denken auch, es ist geheuchelt, aber wie auch immer ...

00:01:02: Den will ich aber widersprechen, Herr Korte. Das ist nicht geheuschelt, auch wenn das leiste Facetten von Ironie enthält.

00:01:07: Den will ich nicht beschließen, aber es ist nicht geheuschelt.

00:01:10: Also es kommt auch von Herzen, meinen Sie?

00:01:12: Ja.

00:01:13: Auch von Herzen. Okay, gut. Das lasse ich jetzt mal so stehen.

00:01:17: Das erleichtert mir natürlich immer den Montag, wenn man so freundlich aufgenommen, gerade so aufsuchend unterwegs ist.

00:01:26: Normalerweise, ich weiß nicht, ob auch Schülerinnen und Schüler zuhören, die sind ja jetzt in den Fähen bereits.

00:01:34: Und der eine oder andere muss vielleicht auch, wie das früher hieß, nachsitzen.

00:01:39: Ich habe schon den Eindruck, dass das jetzt auch für ein Teil der Bundesregierung oder zumindest für die Fraktion auch gilt,

00:01:47: bei unserem Thema, was doch sehr heftig war politisch, die Richterwahl.

00:01:53: Das heißt, während wir letzte Woche beim Thema Strompreise noch darüber gesprochen haben,

00:01:59: ob das jetzt eine Krise ist oder eine Sputekoalition und Sie den Beziehungsstatus noch als relativ entspannt

00:02:05: und vielleicht etwas findend beschrieben haben, wie würden Sie jetzt den Beziehungsstatus zwischen schwarz und rot beschreiben?

00:02:12: Ja, Sie sind immer noch nicht 100 Tage im Abend.

00:02:16: Man kann immer auch sagen, da ist noch einiges zu lernen.

00:02:20: Es kann mir auch unterstellen, dass die Steuerungsmechanismen noch nicht vollends so sind, wie sie sein sollten.

00:02:27: Aber das ist jetzt schon mehr als nur eine Klatsche, nicht so sehr nur in der Zusammenarbeit,

00:02:34: sondern vor allen Dingen in der parlamentarischen Mitsteuerung über ein Fraktionsleitung,

00:02:40: die ja auch aus mehreren Personen besteht, aber natürlich aus dem Fraktionsvorsitzenden erstmal Spahn,

00:02:46: der auf eklatanter Weise vollkommen unterschätzt hat

00:02:51: und gehe nicht davon aus, dass es absichtsvoll war, aber unterschätzt hat, dass eben doch die Leute nicht folgen.

00:02:57: Wir haben letzte Woche ja herausgearbeitet, Führende brauchen Folgende.

00:03:01: Es war geradezu weitsichtig, dass diese Folgenden hier erkennbar nicht da sind.

00:03:08: Das ist, und sofern ist es formal, zweite Mal mit der Wahl des Bundeskanzlers, zwei Wahlgänge.

00:03:16: Das ist schon wie die Blau-Familie unterwegs. Sie können praktisch nach Berlin grad weiterfahren.

00:03:23: Das ist zum zweiten Mal, dass sie unterschätzt hat, nicht im Griff hat, wie auch immer,

00:03:28: bei der Strompreisbremse oder bei der Strompreiskonstellation gab es ja auch kommunikative Defizite.

00:03:36: Da ging es gar nicht um Abstimmung, um Mehrheitsverhalten, aber um Informationen,

00:03:41: die offenbar von der Fraktion so nicht gesehen wurden oder sie wurde nicht mitgenommen.

00:03:46: Hier geht es um Abstimmungsverhalten. Das Richterwahlen immer mal kontrovers waren,

00:03:52: dass da Personen im Vorfeld ausgetauscht worden sind, das hat es in all den Jahrzehnten immer gegeben.

00:03:57: Aber dieser Vorfall als solches war schon ein Unikat.

00:04:01: Jetzt haben Sie Ihre eigenen Lawbären sich selbst abgeholt, weil ich natürlich als nächste Frage daran gedacht hatte,

00:04:07: dass ein weitsichtiger und weiser Politikwissenschaftler letzte Woche in diesem Podcast von Führenden und Folgenden gesprochen hat.

00:04:14: Lässt es daraus jetzt ableiten, dass die Fraktion Jens Spahn nicht folgt, noch nicht folgt?

00:04:20: Das sieht so aus, aber auch die stellvertretter haben das nicht so kommen sehen.

00:04:27: Die parlamentarischen Geschäftsführer der Union sind ja mehrere, die da involviert waren.

00:04:34: Ob jetzt Einzelsstimmen da nicht ernst genommen worden sind, kann man nicht sagen,

00:04:40: weil am Ende sind es 50, 60 Jahre gewesen, die nicht mitgemacht haben, also sehr, sehr viele.

00:04:46: Das kennen Sie ja auch. Bei Personalentscheidungen geht man diskret vor.

00:04:52: Im Vorfeld wird das abgetestet, informell, das ist ja wie ein Quorum auch für den Richterwahlausschuss.

00:05:00: Lange im Vorfeld werden Namen ausgetauscht und dann bleibt das nicht öffentlich.

00:05:08: Wenn es öffentlich wird, beschädigt man immer automatisch Leute.

00:05:12: Das ist ja hier in einer Massivität erfolgt.

00:05:15: Das hat ja viele Dimensionen.

00:05:16: Das eine ist die parlamentarische Mitsteuerung, die so nicht funktioniert.

00:05:21: Die Dimension zwischen zwei Fraktionen, die gemeinsam regieren, die offenbar sich nicht einig sind.

00:05:29: Das hat die Dimension auch einer medienpolitischen Hintergrund.

00:05:35: Also wie viel Unwahrheit ist verbreitet worden, um eine Person zu diskreditieren.

00:05:43: Das ist auch interessant.

00:05:44: Ich will nicht gleich von irgendeiner Verschwörung reden,

00:05:46: aber in den, ist ja jetzt gut herausgearbeitet, kommunikativ in den rechten Medien.

00:05:52: Hat sich das ja verfielfältig so verfielfältig Aussagen über diese renommierte Rechtswissenschaftlerin vorzutragen,

00:06:01: die mit dem, was sie wirklich sagt und vertritt, gar nichts zu tun haben.

00:06:05: Also die Unwahrheiten so zu multiplizieren mit so einer Wucht,

00:06:09: dass die eine oder andere Unwahrheit auch in einem seriösen Medien dann übermittelt worden ist.

00:06:13: Wo ist die demokratische Öffentlichkeit noch, die sie ja hier auch in unserem Podcast vertreten.

00:06:21: Ohne demokratische Öffentlichkeit kommen wir immer bei der Unwahrheit an letztlich

00:06:26: und haben diese Demagogie, die dann furchteinflößend Leute erreicht, die daraus falsche Konsequenzen ziehen.

00:06:36: Also so, es hat ganz viele Dimensionen.

00:06:39: Und ich kann auch darüber nachdenken, wie die Proportsverteilung sind in diesem Richterwahl-Ausschuss,

00:06:45: ob das noch zukünftig angemessen ist, ist es natürlich nicht.

00:06:48: Wie kann man die Linken da zukünftig beteiligen?

00:06:52: Auch da hinkt das eine oder andere nach.

00:06:54: Das sind noch Vorstellungen, die vor 20 Jahren entwickelt worden sind zwischen den Parteien,

00:06:59: die heute nicht mehr wirklich die Sache abbilden.

00:07:02: Und letztlich, Karlsruhe, ich sehe das nicht beschädigt, das glaube ich, kann man im Moment sagen.

00:07:08: Aber es ist ein Kollektivorgan, bei dem die einzelnen starke Richterinnen und Richter ihre Meinung sicherlich behalten,

00:07:16: aber sie natürlich ausfechten müssen mit den anderen.

00:07:19: Das bedeutet ja nie, dass einer mit einer starken Position diese dort auch durchsetzt.

00:07:23: Auch das ist eine Annahme, die völlig absurd ist.

00:07:27: Aber das heißt, Sie haben es ja schon beschrieben, was ich ehrlicherweise in dem Vorgang nicht verstehe.

00:07:32: Das war ja schon seit Wochen bekannt und jetzt kann man CDU-Vorschlagsricht, SPD-Vorschlagsrecht,

00:07:38: grün im abgespeckten Maße, FDP dann im Prinzip auch,

00:07:42: dass ein SPD-Richterin oder Richter etwas sozialdemokratischer gefärbt ist,

00:07:47: liegt glaube ich in der Natur der Sache, sonst würde er nicht vorgeschlagen werden,

00:07:50: wegen CDU und Union jetzt mal pauschalisiert ausgedrückt konservative Richtervorschlagen.

00:07:55: Jetzt die Rechtsauffassung einzelner Richter in der Abstimmung zum Thema zu machen,

00:08:01: wäre ja in den letzten Wochen Gelegenheit gewesen in verschiedenen Gremien,

00:08:05: wo ja auch darüber informiert wurde.

00:08:07: Die Fraktionsvorsitzenden haben andere Fraktionen informiert.

00:08:10: Es gab Beschlüsse in verschiedenen Gremien.

00:08:12: Und dass das dann alles aber tatsächlich an dem Morgen dieser Sitzung culminiert ist,

00:08:17: wo morgens um acht sparen, mir schon nur SMS schreibt und sagt hier, das wird schwierig.

00:08:23: Und dann kommen am Ende noch kurze Zeit Plagiatsvorwürfe ans Licht,

00:08:28: die eine halbwärtszeit von einer halben Stunde haben,

00:08:31: die dann von manchen Unionspolitikern ins Feld geführt werden,

00:08:34: dass das ja deswegen jetzt auch nicht geht mit der Wahl.

00:08:36: Und anhand eines relativ simplen Mechanismus, nämlich zu sagen,

00:08:40: die Arbeit von der Richterin ist älter als die,

00:08:44: wo sie angeblich einen Plagiatsvorwurf standhalten soll.

00:08:47: Das heißt, sie kann gar nicht abgeschrieben haben, weil sie zuerst verfasst worden ist.

00:08:50: Es ist doch alles, fand ich jetzt den Amt oder den Ansprüchen

00:08:54: verschiedener Facetten unwürdig, dass dann auch einzelne Unionspolitiker morgens gesagt haben,

00:08:58: hier Freunde, da gibt es Plagiatsvorwürfe, können wir jetzt nicht machen.

00:09:02: Haben die sich davor den Karren spannen lassen dann von AfD, anderen Stimmen?

00:09:07: Formal war das am Ende so.

00:09:10: Freitag hatten wir ja die Nibelungverspielepremiere.

00:09:14: Insofern waren Bundesratsmitglieder mit dem Alexander Schweizer,

00:09:20: dem Ministerpräsidenten, nicht nur da, der auch gesprochen hat, er öffnet.

00:09:24: Es waren Bundestagsabgeordnete da und eben auch die Bundestagspräsidenten.

00:09:29: Und ich habe alle da auf ihn auch angesprochen.

00:09:32: Und für sie war in dem Präsidium vollkommen klar,

00:09:36: nach dem Vorwurf Plagiat muss es zur Absetzung dieses Tops kommen.

00:09:42: Das war ihr formales Argument.

00:09:44: Ich finde, Frau Haselmann von den Grünen hat dem Bundestag

00:09:47: das nochmal ganz gut auf eine Zeitschiene gebracht.

00:09:50: Sie hat gesagt, vor fünf Wochen haben wir zusammengesessen

00:09:53: und haben wechselseitig uns die Namen nicht nur benannt,

00:09:58: sondern jeder auch versprochen.

00:10:00: Er hat das Mandat, das auch durchzusetzen und er setzt das auch durch.

00:10:03: Man hätte ja praktisch eine Nacht später hätte Spanier sagen können.

00:10:07: Also ich habe das ausgetestet.

00:10:10: Ich werde niemals dazu eine Mehrheit hinbekommen.

00:10:13: Also es gibt viele, viele Wochen Vorlauf

00:10:15: und die Kandidatin hat ja auch es vom halben Jahr

00:10:20: auch im Rechtsausschuss beim Hering vorgetragen beispielsweise.

00:10:24: Sie ist ja auch selbst im Bundestag nicht unbekannt gewesen.

00:10:28: Man konnte sich beim Thema Biopolitik ein Bild über sie machen.

00:10:33: Also die Wahrnehmung der Person war sehr transparent

00:10:40: und es gab eigentlich keine neuen zusätzlichen Argumente.

00:10:44: Und diejenigen, die nicht mitmachen wollten, haben das mit Sicherheit

00:10:48: auch vor vielen Wochen schon klar gesagt.

00:10:51: Es war doppelt problematisch als dann im Bundestag

00:10:54: eben vor ein paar Tagen der Bundeskanzler selbst auch sagte,

00:10:57: dass er die Kandidatin oder alle drei mit wählt

00:11:01: und auch aufgerufen hat es auch zu machen.

00:11:03: Also es ist ja natürlich auch damit beschädigt.

00:11:05: Aber genau das ist das Interessante, wie man Loyalitäten herstellt,

00:11:13: wie man Vertrauen aufbaut, wie man Folgebereitschaft signalisiert.

00:11:20: Wir hatten ja bei der Wahl des Bundeskanzlers

00:11:23: die hohe Potenzial an Feigheit.

00:11:26: Da haben ja diejenigen, die bis heute nicht die nicht mitgewählt haben.

00:11:30: Hier war es ja doch offen, wer dagegen war.

00:11:33: Und das dann eine, ich kann es mir nicht richtig erklären,

00:11:36: Unerfahrenheit von Spahn hat eine hidden Agenda,

00:11:40: die wir noch nicht kennen, ist ja falsch beraten worden,

00:11:46: ist ja durch die Masken-Affäre überhaupt nicht zeitlich dazugekommen,

00:11:49: die Dimension zu überschauen, hat er auf gut Glück gesetzt.

00:11:54: Also der parlamentarische Geschäftsführer hat einen Tag vorher noch gesagt,

00:11:58: ja, wir setzen darauf, dass der Ein- oder Abgeordnete

00:12:01: schon Namit tags dann im Urlaub ist oder nach Hause gefahren ist

00:12:05: und wir die zwei Dritte Mehrheiten schon irgendwie hinbekommen.

00:12:08: Das ist ein stabiles Unterventakord.

00:12:10: Ja, also mit dilettantischer kann man sowas gar nicht angehen.

00:12:14: Und es zeigt natürlich die Auszählung des demokratischen Konsens,

00:12:17: den wir in diesem Parlament jetzt auch haben, weil es schwerer ist,

00:12:21: zwar mit zwölf Stimmen Mehrheit einer Regierung, die eigentlich stabil und sicher ist,

00:12:26: ausgehende Mehrheiten bedarf doch sehr holprig ist und das wird auch weiterbleiben, wenn man andere

00:12:34: Mehrheiten über die die sogenannte GroKo hinaus haben möchte, weil die Selbstfesselung mit den

00:12:41: Linken nicht zusammenarbeiten zu dürfen oder mit der AfD nicht hat den Spielraum für die Union

00:12:48: natürlich mit Linken zusammenarbeiten oder mit links orientierteren Parteien nicht vereinfacht.

00:12:55: Zumal die Union, dass er jetzt in einem Punkt schon aufgeweist hatte bei der Kanzlerwahl, weil sie

00:13:00: mit den Linken gehen mussten, um die Tagesordnung zu ändern, damit überhaupt nochmal gebild werden

00:13:03: konnte, hatte Friedrich Merzler jetzt getrennt zwischen einer formalen Abstimmung und einer

00:13:09: inhaltlichen, wo er gesagt hat, inhaltlich gilt dieser Unvereinbarkeitsbeschluss, aber wenn es

00:13:14: jetzt um Formalier geht, würde er das dann mitgehen und musste er auch, sonst wäre er ja nicht gewählt

00:13:18: worden, aber man sieht ja schon, dass die Grenze wackeliger wird. Ja und das ist jetzt vor der

00:13:26: Sommerpause schlecht für das Ziel, was wir uns alle gemeinsam gesetzt haben, eine mehrheitsfähige,

00:13:32: stabile Regierung, die einfach Dinge abarbeitet, ja auch schon viel vorgelegt hat und man geht

00:13:38: doch mit einem eher nachdenklichen Eindruck jetzt in diese Sommerpause. Das war mal ein schlechter

00:13:47: Abschluss, kann man wirklich sagen. Und am Strich steht jetzt mit Frau Giprosius-Gassoff an

00:13:51: der Kandidatin, die ist keine inhaltliche Bewertung an dieser Stelle, sondern die einfach ihren Job

00:13:56: gemacht hat, ihre juristischen Ansichten hat und jetzt aber schon demontiert oder geschwächtig in

00:14:02: der Öffentlichkeit dasteht, aber Friedrich Merz musste sich ja jetzt auch schon Fragen

00:14:07: gefallen lassen, hat im AID-Sommerinterview das, glaube ich, versucht einfach kleinzureden und

00:14:12: zu sagen, ist doch alles halb so wild, kriegen wir schon den Griff. Ja, kann man machen, aber war

00:14:16: natürlich inhaltlich umgefriedigend zu sagen, wer ist in den Griff. Das musste er jetzt,

00:14:22: er musste das runterspielen. Ich fand eher die Einlassung des Bundespräsidenten ungewöhnlich,

00:14:28: der doch hier auch praktisch eine Rüge erteilt hat, dass er sich so in so ein tagespolitisches

00:14:35: Statement einlässt, ist bei ihm sehr selten und sehr ungewöhnlich und es trifft es aber in

00:14:43: der Tat, weil das ja unsere Erwartungshaltung jetzt war, dass wir keine ampelige Szenerie mehr

00:14:50: bekommen, dass wir hier verlässliche Mehrheiten haben, die auch entscheiden, aber man sollte eben

00:14:56: nicht unterschätzen, jede Entscheidung bedarf einer sehr wichtigen von Politikmanagement geprägten

00:15:03: Vorbereitung und da ist das nicht nur holprig, das war jetzt miserabel vorbereitet. Welche Aktien

00:15:13: hat denn aus ihrer Sicht Bundeskanzler Friedrich Merz in diesem Vorgang? Er ist ja im Prinzip der

00:15:19: jenige, der darauf angewiesen ist, dass hier ein Spahn als Fraktionsvorsitzender ihm den Rücken

00:15:23: frei hält, dass er die Reihen der Union ordnet und zur Not, auch wenn das alles erfahrene oder

00:15:29: fähige mündige Abgeordnete sind, aber natürlich mehrheiten organisiert und jetzt steht er in dieser

00:15:36: Situation, in der Erklärungsnot, die wir eben beschrieben haben, hätte sie aber nicht, wenn

00:15:41: sie ein Fraktionsvorsitzender oder die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden böse gesagt ihren Job

00:15:46: gemacht hätten. Welche Aktien hat er denn, aber hätte er das auch vorhersehen können,

00:15:50: hätte er dann mehr nachfragen müssen, hatte er Außenpolitik anderes zu tun, man kann sich

00:15:54: auch nicht um alles kümmern? Natürlich ist das auch auch sein Fehler, denn spätestens wenn

00:16:02: er formuliert im Bundestag, dass er sie mit wählt, muss er sich der Schwere dieser Aussage

00:16:10: bewusst sein, auch wenn es eine Geheime war, denn dann klingt das ja auch so, dass er den Laden

00:16:17: Salop gesagt so im Griff hat, dass die anderen ihm da auch folgen. Ein Fraktionsvorsitz ist was

00:16:25: ganz Außergewöhnliches, sehr schwer, sehr schweres Amt, ein auch total unterschätztes Amt, man ist

00:16:34: praktisch Vorsitzende oder Vorsitzender von Wahlkreis Königinnen und Königen, die sich nicht

00:16:39: reinleden und reden lassen, die sehr selbstständig sind, sie immer wieder einzufangen. Ist nicht

00:16:45: einfach, dann hat man kein so klares Repräsentationsamt, bei dem man immer irgendwie auf

00:16:51: eine Bühne sitzt oder bei ihm immer eigentlich die Plätze einem freigehalten werden, dass man

00:16:55: ist eben kein Minister, man ist keine Exekutive. Ich habe am Freitag auch nochmal Nade Künast

00:17:03: dazu sprechen können, die auch bei den Lieblungenverspielen dabei, weil die ja eben verschiedene

00:17:07: Rollen hatte, Parteivorsitzende, Fraktionsvorsitzende, Minister, immer in Doppelrollen mit anderen,

00:17:16: zusammen außer Minister, das war ein Einzelamt und die das auch nochmal bestätigt, wie kraftzehrend,

00:17:23: wie man unterschiedliche Instrumente, Stile einbringen muss, um Abgeordnete für sich zu

00:17:31: begeistern, nicht nur immer in einem Beichtstuhlverfahren, indem man dann Dinge Leute einbestellt

00:17:37: und ihnen vielleicht dann in der letzten Konsequenz droht, dass man dafür sorgen wird, dass sie

00:17:41: nicht mehr auf die Liste kommen oder was auch immer, da wird ja viel kolportiert. Aber

00:17:46: Ausgangspunkt ist, dass man Vertrauen hat, dass die Führung weiß, was sie tut, denn es

00:17:52: ist ja alles arbeitsteilig. Ich kann in der Sache nie wissen, ob diese Entscheidung jetzt

00:17:56: richtig oder falsch ist. Ich muss mich darauf verlassen, dass sie vorbereit ist von Fachpolitikern

00:18:02: und ich ihnen folge, wenn der Fraktionsvorsitzende sagt, das ist jetzt unsere Position dazu,

00:18:09: in dem vollen Bewusstsein, dass die, die vielleicht diesmal unterlegen sind, in einer

00:18:14: anderen Frage eine Mehrheit auch zugebildigt bekommen. Das macht ja eine Entscheidung mit

00:18:21: Mehrheiten erträglich, dass ich ein Zugehörigkeitsgefühl habe, eine Kollektivität zu dem Ganzen

00:18:27: und dann ertrage ich auch Niederlagen, weil ich weiß, ich habe die Chance auch zur Mehrheit zu

00:18:31: werden. All das wird abgeladen auf einem Fraktionsvorsitzenden, der das zu steuern hat.

00:18:39: Aber insofern jetzt demontiert nicht, vielleicht den Satz noch, es kommt hinzu, dass die SPD

00:18:45: ja ihren Vorsitzenden mit 65 Prozent, mit 30 Prozent Punktenabstand zur anderen Vorsitzenden

00:18:51: auch demontiert hat, öffentlich demontiert hat und jetzt hat die Unionsfraktion ihren

00:18:57: Fraktionsvorsitzenden auch öffentlich demontiert. Wir haben uns mit schwachen, sehr angeschlagenen

00:19:02: Spitzenpolitik anzutun, die wichtige Entscheidungen zu treffen haben, bei denen man immer Mehrheiten

00:19:07: braucht und das jetzt vor der Sommerpause ist nicht wirklich der gute Start vor den 100

00:19:12: Tagen.

00:19:13: Ist dann aber vor dem Hintergrund, wie Sie gerade die Rolle eines Fraktionsvorsitzenden

00:19:18: und den Typus dahinter beschrieben haben und wenn man jetzt in andere Parteien guckt,

00:19:21: bei der SPD jahrelang Mütze nicht oder bei den Grünen hasselt man, das sind ja Leute,

00:19:26: die einen Standing in der eigenen Fraktion haben, die jetzt aber nicht Alfatiere oder

00:19:31: Rampensäue in der ersten Reihe sind, sondern die strippen sie ja jetzt neutral bis positiv

00:19:36: gemeint, aber die eben hinten die Fäden zusammenhalten, jetzt ist Jens Spahn ein machbewusster Ex-Minister,

00:19:43: der sich meiner Einschätzung nach im Rampenlicht auch ganz gut gefällt und der zusätzlich

00:19:47: gerade durch die Maskenoffere auch eher im Selbstverteidigungsmodus ist, als dass er

00:19:51: Mehrheiten in der Fraktion organisiert ist, der vom Typus seines Politikerseins überhaupt

00:19:57: der passende für so eine Rolle.

00:19:59: Ja, es wird so, als wäre nicht passend, das stimmt.

00:20:03: Also es ist ein nazistischer Selbstdarsteller, es ist vielleicht ein sehr böser Vorwurf,

00:20:09: Einzelgänger, unkalkulierbar, manchmal unheimlich wirkend.

00:20:15: Das ist kein hohes Integrationsamt, was man mit so einer, mit so einem Image eigentlich

00:20:25: ausfüllen kann.

00:20:26: Jetzt gibt es immer Lernmöglichkeiten, ich habe mir längst abgewöhnt, Menschen zu

00:20:29: unterschätzen, dass sie dazu lernen, gilt auch für Chefredakteure, und insofern kann

00:20:40: das noch besser werden, aber die Namen, die sie genannt haben, sind eben auch hoch angesehene

00:20:47: Integre, Integrationsmaschinen geradezu, die so eine Fraktion über Jahre gut zusammengehalten

00:20:57: haben, und die aber nicht immer nur die Talkshowplätze besetzen und suchen, das markiert einfach

00:21:04: den großen Unterschied.

00:21:05: Man muss, das rudelt schon führen, aber man muss eben sammeln und führen, man muss

00:21:14: diesen berühmten Schulterblick gucken, wer noch hinter einem hergeht, und wenn man das

00:21:19: nicht macht, und dann lieber eben talkshowmäßig sich nicht umguckt, das spüren die anderen

00:21:26: auch.

00:21:27: Warum soll man dem dann folgen?

00:21:28: Sie haben eben schon beschrieben, wir gehen jetzt mit einem etwas nachdenklichen Gefühl

00:21:33: im Hinblick auf die Koalition in die Sommerpause, vor allen Dingen auch mit dem Gefühl, dass

00:21:38: sie sich jetzt zweimal verhakt haben, einmal beim Strompreis und das zweite mal bei einer

00:21:41: Richterwahl, und wir haben noch nicht gesprochen von den großen Maßnahmen zur Wiederbelebung

00:21:46: der Wirtschaft, von einem Raum des Gesundheitssystems, von einer drängenden Reform des Rentenwesens,

00:21:52: zum Beispiel, die ja früher schon mal von Bärbelbars und diskutiert worden ist, aber

00:21:55: die großen Themen kommen ja erst, ist das jetzt ein Warnschluss gewesen zur rechten

00:22:00: Zeit, oder ist es ein Deez dafür, dass das noch schwieriger werden könnte, wenn es zu

00:22:03: wirklich wichtigen Themen kommt?

00:22:05: Ja, ich bin ja immer ein supersichtlicher Typ, insofern glaube ich, dass wir haben die

00:22:10: 100-Tage-Marke noch nicht erreicht, dass das noch ein Modus ist, aus dem man rauskommt,

00:22:18: dass das für die großen Sozialstaatsreformen anders angegangen wird, und die Erfahrungen

00:22:23: der letzten Wochen helfen, Personen sich zu finden, zu stabilisieren, die Kommunikation,

00:22:30: die Abstimmungswege, störungsfreier zu organisieren.

00:22:34: Die Hoffnung habe ich nicht aufgegeben, was wir sehen müssen, ist, dass das Umfeld bleibt

00:22:38: volatiler, nicht nur wir als Wählerinnen und Wähler in der Zustimmung, auch das Schwindeln

00:22:44: des demokratischen Grundkonsens, das muss man aufhalten, da muss man sich gegenstellen,

00:22:49: und es wird die Mehrheitsverhältnisse nicht fundamental verändern, wir brauchen also

00:22:55: schon eine Wachheit im Bundestag, damit die Mehrheiten der noch existenten politischen

00:23:02: Mitte auch handlungsfähig sind, und das ist kein Selbstläufer.

00:23:06: Vielen Dank auch heute wieder Herr Korte für die Einschätzungen, wir hatten letzte

00:23:10: Woche versprochen, dass das diese Woche der Start-in-die-Sommerpause ist, wir haben es

00:23:14: aber jetzt so, weil wir schon unter mithilfe von Mike Dornhöfer hier bei der VWM top

00:23:19: vorbereitet waren, die besten Wortschöpfungen von Karl Rudolf Korte in einer Sonderfolge

00:23:23: verabschieden wir uns heute, bis nächste Woche, dann gibt es die letzte Folge vor der Sommerpause

00:23:29: mit Wortkreationen des Professor Doktor, und deswegen bedanke ich mich einst, weil für

00:23:34: heute natürlich mit der Frage endet, was denn diese Woche noch ansteht.

00:23:37: Diese Woche ist noch einmal eine Habitationsprüfung, die ich abzunehmen habe, einer meiner Kandidaten,

00:23:46: meine Mitarbeiter, wird die Habitationsprüfung in Dysburg ablegen, ist auch der letzte,

00:23:53: den ich für die Habitationsverfahren mit begleiten durfte, ansonsten ist viel Fehlendprogramm,

00:23:59: auch mit Enkeln geplant.

00:24:01: Das klingt auch unterhaltsam und abwechslungsreich, ich bin froh, dass ich die Prüfung heute

00:24:05: wieder zumindest abgelegt habe, bestanden, ob ich die Reinschätzung erkorte.

00:24:10: Ein Nachsitzen.

00:24:11: Nachsitzen.

00:24:12: Nächste Woche nochmal Nachsitzen, deswegen vielen, vielen Dank für die heutigen Einschätzung,

00:24:15: vielen Dank an unsere Hörerinnen und Hörer, wir wünschen eine schöne Woche und bis nächste

00:24:20: Woche.

00:24:21: Tschüss.

00:24:22: Okay, ciao.

00:24:23: "Korte und Ring" ist ein Podcast der VRM.

00:24:26: Von allgemeiner Zeitung, Wiesbadener Kurier, Darmstädter Echo und mittelhessen.de, Redaktion

00:24:33: Dennis Ring, Produktion Mike Dornhöfer.

00:24:36: Habt ihr Themenwünsche, Feedback, Anregung oder Kritik, dann schreibt uns über Social

00:24:42: Media oder per Mails an audio@vrm.de.

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