Folge 42: Die zwei Gesichter des Friedrich Merz
Shownotes
Zurück aus der Sommerpause – und es bleibt politisch brisant. Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte und VRM-Chefredakteur Dennis Rink werfen einen Blick auf die Lage im Kanzleramt unter Friedrich Merz.
Außenpolitisch zeigt sich Merz überraschend souverän: „Es wirkt fast so, als hätte er nie was anderes gemacht – das ist unbeeindruckt selbstsicher.“ Die Moderation der Vorgespräche zu den geplanten Gipfeln zwischen Trump und Putin gelingt ihm mit internationaler Präsenz.
Innenpolitisch dagegen bleibt vieles im Argen. „Das Politikmanagement der Koalition ist rumpelig“, sagt Korte, und die vollumfängliche Unterstützung in der eigenen Fraktion sei „fraglich“.
Was wurde bislang erreicht? Die Migrationswende ist spürbar, bei der Wirtschaftswende fehlt es jedoch an Konkretem. Die Koalition wirkt noch immer wenig eingespielt. Korte bringt es auf den Punkt: „Eine Paartherapie brauchen wir noch nicht, aber das Verständnis füreinander muss besser werden.“
Wie eine gemeinsame Leitvorstellung für die Regierung aussehen könnte, hören Sie in der neuen Folge von „Korte & Rink“.
Ein Angebot der VRM.
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00:00:00: Die Sommerpause ist endlich vorbei und es ist höchste Zeit für einen neuen Podcast unseres
00:00:16: VWM Podcasts, Korte und Trink. Auch heute darf ich wieder den tiefen entspanntesten,
00:00:21: erholtesten und braungebranntesten Politikwissenschaftler Deutschlands bei mir begrüßen. Herzlich Willkommen,
00:00:25: Professor Dr. Carlos Corte. Herzlich Willkommen an den auch tiefen entspannt wirkenden
00:00:31: Chefredakteur, der auch gut braungebrannt ist. Das darf man ja dem Hautarzt alles nicht sagen und
00:00:38: darf ja nur im Herbst zu Hautärzten, damit die das dann nicht so sehen. Wenngleich ich bei
00:00:43: meinen wenigen Haaren auch immer mit Kappe draußen bin, da halte ich mich schon sehr dran.
00:00:47: Ich hatte jetzt im Urlaub die Diskussion, schöne Grüße gehen raus an meine Frau,
00:00:50: dass ich beim Thema Sonnencreme immer auf meinen mediterranen Hauttyp verwiesen habe und sie dann
00:00:54: auf meinen Hautarzt. Mediterraner Hauttyp. Aber ist das auch mehr als nur ein Hauttyp oder steckt
00:01:01: auch was mediterranes dann vom Typus wirklich dahinter? Sind Sie dann wirklich in Wirklichkeit
00:01:07: ein feuriger leidenschaftlicher Italiener in Ihnen? Bei mir kommt immer dies jestermittags raus,
00:01:13: das ist eigentlich mein mediterranes Wesen. Okay, das klingt so ein bisschen mehr spanisch.
00:01:18: Sommerpause haben wir uns gegönnt, Herr Korte. Schön, dass wir uns wieder treffen und jetzt jede
00:01:24: Woche wieder genau verfügungsstehen. Sie halten gerade hoch für diejenigen, die es uns nur hören
00:01:30: und nicht im Video sehen, eine kleine Karrikatur, die wir gesehen haben von ihrem Lektor. Jürgen Hortz
00:01:35: vom Campusverlag. Ich bin ja an der zweiten Auflage von Wela Merkte am arbeiten. Er hatte uns sehr
00:01:41: vermisst in der Sommerpause, hat deshalb schon mal gezeichnet. Klar, sie sind natürlich besser
00:01:45: getroffen und natürlich, ich sehe die mediterrane Leidenschaft auch hier in dieser Abbildung ganz
00:01:52: deutlich und das ist praktisch ein Zeugnis des Wartens in der Sommerpause auf diesem wunderbaren
00:01:59: Podcast. Ich habe auch auf Sie gewartet, Herr Korte. Ich hoffe, Sie haben sich gut von mir erholt.
00:02:03: Sie sind jetzt bereit für neue Standtaten. Ja, ich bin auch bereit, je nachdem, wie das Gespräch jetzt
00:02:10: läuft, Sie auch für den Nobelpreis, Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Das machen Sie jetzt abhängig
00:02:16: von Gesprächen. Das ist eine Herausforderung im weiteren Verlauf dieser Podcast. Je nachdem, wie
00:02:20: friedlich die Fragestellungen sind, weil das ist ja offenbar üblich, dass man Partnern das Vorschläge,
00:02:26: dass man sie nominieren möchte. Egal, welchen Furor man dann auch gleichermaßen anwendet.
00:02:33: Dann gebe ich das natürlich zurück, Herr Korte. Sie werden für mich auch prädestiniert für eine
00:02:37: Nominierung für den Friedensnobelpreis. Thema Sommerpause, wer keine Sommerpause hat, sind
00:02:43: heutzutage Politiker. Das ist gefühlt nicht mehr so wie früher, dass man sich tatsächlich in einer
00:02:49: paarwöchigen Auszeit verabschiedet, zumindest vom Parlamentarismus. Das ist ja schon ohne Sitzung,
00:02:54: aber wenn ich mir die vergangenen Wochen von Friedrich Merz angucke, hatte das, glaube ich,
00:02:58: nicht viel von einer Sommerpause oder wie schätzen Sie das ein? Ja, es war ja auch ein, da haben wir ja
00:03:02: doch dann auch geendet, ein miserabel verhagelte Sommerpause-Start für die Bundesregierung mit
00:03:10: dem Ende der Legislaturperiode, mit der Richterinnenwahl, die nicht stattfand, die Abgesetzungen. Also,
00:03:17: das hätte nicht schlechter kommen können. Aber unterwegs ist er nach wie vor natürlich sehr
00:03:21: stark international. Und das macht er unbeirrt. Heute sei er auf dem Weg auch nach Washington mit
00:03:30: Zelensky zusammen. Das ist sehr interessant zu sehen, wie wir auch in der letzten Woche gerade zu
00:03:36: eine Moderationsrolle neu geworden haben, international alle zusammenzubringen, um vor dem
00:03:42: Gipfelgespräch in Alaska nochmal alle zusammenzuführen. Das hat der Bundeskanzler her letzte Woche
00:03:48: auch hinbekommen. Das ist neu. Das gab es bei Scholz in dieser Form nicht. Das war bei Merkel so.
00:03:54: Wir erinnern uns an den allerletzten Anruf, den Obama in seiner Amtszeit noch geleistet hat. Der war
00:04:01: da nicht irgendwo, sondern bei Merkel. Und das war schon sehr markant. Und das streist aber auch den
00:04:05: Eindruck, über den wir schon gesprochen haben, weil jetzt in die Sommerpause auch die Untertage,
00:04:10: Bilanz oder die Wundertage, Grenze erreicht wurde der neuen Koalition, dass außenpolitisch
00:04:17: März eine sehr ordentliche Rolle spielt und sehr präsent ist, aber innenpolitisch an vielen
00:04:22: Stellen ist noch etwas nachholbedarf gibt. Ja, da favorisiert er diese Räterepublik, dass man
00:04:30: wieder Kommissionen und Räte einsetzt für die Sozialstaatsreform. Ich glaube, er spielt auf
00:04:35: Zeit, dass die SPD als Partner eben einsieht, dass sie wirklich auch Sozialstaatsreformen
00:04:42: mittragen sollte und davon vielleicht so profitiert, dass die Sozialdemokratie auch neue Wählerklientel
00:04:50: erschließt kann, wenn man es enkelgerecht, generationsgerecht und das als Hauptargument nennt,
00:04:57: Sozialstaat abzusichern, zukunftsfähig zu machen, kann man durchaus in der Mitte der
00:05:06: Gesellschaft auch für die Sozialdemokratie davon profitieren. Wenn man das schlecht macht,
00:05:11: abrupt macht, wenn das sowie Agenda 2010 kommuniziert wird und irgendwie nur Verlierer es zu geben,
00:05:18: scheint auch nur Transfer-Einkommensbesitzer um alles fürchten, dann wird die Sozialdemokratie
00:05:25: damit nicht weiterkommen. Aber der Weg ist noch offen. Ich glaube, die Kommissionen sind nur eine
00:05:32: Zeitstrategie von März. Wie fällt ein genereller Fazit aus? Wir hatten ja in der letzten Podcastfolge
00:05:37: eine vorgezogene 100-Tage-Bilanz schon mal gezogen. Es ging ja jetzt aus erwähnten Gründen noch
00:05:44: weiter. Wie blicken Sie denn jetzt auf die 100 oder 110 Tage, wie viel es dann jetzt sind?
00:05:49: Nein, das Außenkanzlerische ist schon beeindruckend. Das ist so, als hätte er nie was anderes gemacht.
00:05:59: Das ist schon beeindruckend, hängt wahrscheinlich mit dem Alter zusammen, dass man in dem Lebensalter
00:06:06: wird ja bald 70, dann schon alles erreicht hat und politisch konnte er nicht mehr erreichen.
00:06:11: Das ist so unbeeindruckt selbstsicher, wie er da agiert. Als hätte er wirklich nie was
00:06:20: anderes gemacht. Vermutlich hat er sich immer als Kanzler gefühlt und ich finde das jetzt absolut
00:06:25: richtig. Jetzt ist er in seiner Rolle angekündigt. Ja, der übt das so aus, weil er immer sich schon so
00:06:30: für einen besseren, guten Kanzler gehalten hat. Das ist, finde ich, auch journalistisch interessant
00:06:36: zu sehen. Das können Sie ja viel besser beurteilen. Wie klar er auch antwortet, wie er wirklich auf
00:06:45: Antworten eingeht, das war ja Unterscholz völlig verloren gegangen. Die Klarheit hat dann manchmal
00:06:54: auch Probleme, weil sie zum Widerspruch der eigene Agenda führen kann. Aber das ist schon
00:07:01: Teil seiner Selbstsicherheit. Das ist die eine Seite und die andere Seite ist das innenpolitische,
00:07:09: auch das Politikmanagement, ist rumpelig, ist geräuschvoll, hat eine wirklich Unterstützung bei
00:07:16: der eigene Fraktion. Man hat große Zweifel, ob Spahn den Laden hinter sich bekommt, weil richtig
00:07:25: schwierige Entscheidungen stehen ja noch an. Die Richterwahl ist ja nun nicht wirklich eine schwierige
00:07:29: Entscheidung. Sie sind auch nicht gelöst worden. Sie ist gelöst worden durch den Rückzug, aber
00:07:34: das ist ja kein Unionszutun gewesen. Ja, und man sieht, März und Dobrindt, die zentralen Säulen der
00:07:40: Fraktion sind weg und schon mit neuen Personen ist das überhaupt noch nicht geklärt. Also das
00:07:47: Folgeproblem der Fraktion wird bleiben. Die Rebellionspotenziale sind groß. Das hat man gemerkt
00:07:53: bei der Kanzlerwahl, ohne zu behaupten, dass werden jetzt nur Stimmen gewesen, die aus der
00:07:59: Unionslage gefehlt haben. Also da ist noch ganz viel, was man machen kann. Ich habe aber die Hoffnung
00:08:06: noch nicht aufgegeben. Das ist wirklich noch eine Lernphase, lösungsorientiert Verhandlungen zu
00:08:13: führen, die dann auch wirklich auch zu den innenpolitischen Kernfragen passen und vielleicht
00:08:18: die dritte Akzentuierung Wirtschaftswende oder Migrationswende. Das war ja Teil der Wartung
00:08:26: vieler Wählerinnen und Wähler. Die Migrationswende ist für viele schon eingetreten. Natürlich hat
00:08:31: das im Vorfeld der Bundesregierung schon die anderen Regierungen mit eingeleitet. Aber jetzt,
00:08:35: spätestens wenn wir aus dem Sommerurlaub zurücksehen, haben wir ja an den Grenzen gemerkt, da ist nach
00:08:39: wie vor ein Grenzregime. Also es so in dieser Form mit Kontrollen nicht gab, ob man da wirklich
00:08:47: Leute oder Schlepper abhält. Das scheint ja aufzugehen. Vor allen Dingen hat das abschreckende
00:08:55: Wirkung, dass eben viel weniger kommen. Und erbriegen sich von der Syrienkonstellation, die
00:09:00: sich ja auch positiv verändert. Aber was noch wirklich nicht richtig da ist, ist diese angekündigte
00:09:08: Wirtschaftswende. Also da sind Ideen da, aber noch nicht viel mehr. Zumal ja auch die Wirtschaftsministerin
00:09:14: bisher fand ich relativ unauffällig, ist am meisten Wellenschlagen Äußerungen von ihren
00:09:20: Interviews, die dann aber eher zu Protesten führen bzw. zur Gegenrede. Das ist eine Polarisierer,
00:09:26: die polarisiert, räumt all das Nachhaltigkeitsdenken fundamental ab, Transformation, im Sinne von
00:09:35: Nachhaltigkeit scheint sie nicht zu interessieren. Es geht um ihre Verständnis von Wirtschaftlichkeit.
00:09:40: Das ist die Rolle, die man ja offenbar zugespielt hat als Energieministerin im Prinzip. Insofern
00:09:46: füllt sie die voll aus, aber alles, was man hört aus dem Hause, was man über sie liest
00:09:51: und wie sie auftritt, ist das polarisierend eiskalt. Und auch so, als wäre sie nicht
00:09:58: auf Resonanz aus, nicht auf Wiederwahl, das ist ja alles egal. Das macht unabhängig,
00:10:05: das wirkt interessant. Und es ist natürlich jetzt auch Teil eines Glamourpares. Wir haben
00:10:10: jetzt zwei reiner pfälzische Glamourpaare, ja und auch dieses Glamourpaar, weil zu Gutenberg,
00:10:15: der E-Mari Wirtschaftsminister, ist ja auch ihr Partner, also der kuriose Konstellation.
00:10:20: Und jetzt mit Glöckner, das ist ja doch für das VRM-Imperium auch großartig. Da können
00:10:25: sie ja auch auf Seite 3 jetzt praktisch diese ganzen Sachen bringen, die man sonst in goldenen
00:10:30: Blättern eigentlich ausbreitet. Ich habe bisher das Gefühl, dass das Glamourpaar
00:10:34: Jula Glöckner und Jörg Bilawa eher die Bildzeitung bzw. die Zeitung mit dem Buchstaben eher
00:10:40: beschäftigt und füllt uns zwar jeden Tag bisher, als das es bei uns das getan hat.
00:10:44: Aber sie haben bei der Wirtschaftsministerin schon angesprochen, sie kam ja aus der Wirtschaft,
00:10:48: was sie jetzt per se wie im Vorfeld bei der Zusammenstellung des Kabinetts gesagt haben,
00:10:51: Leute aus der Praxis schadet nicht, aber so wie sie sie gerade eben beschrieben haben,
00:10:55: eben auch als eher Geschäftsführerin und nicht als Politikerin, dass die groß ist.
00:10:59: Ohne Unterstützung in der Fraktion, nicht wirklich erkennbar. Sie da auch nicht drauf
00:11:05: aus ist, große Landsmartschaften zu organisieren, die sie in den wichtigen Ausschüssen auch
00:11:11: unterstützen. Das ist nicht erkennbar. Also es ist eine Solo-Programm, was man liest ist,
00:11:16: dass sie auch ihre Reisen da eher solomässig macht, ohne Begleitung auch des Ministeriums,
00:11:22: das ist alles befremdlich, weil es in der Regel nicht dazu führen kann, aus einem
00:11:30: Guss so etwas wirklich zu gestalten. Sie hat ja ein minimalistisches Ministerium geirbt,
00:11:36: das in der ganz viel Abteilung herausgelöst worden, aber diese Energiefragen, die sollte
00:11:41: sie für die Bundesregierung auf den Weg bringen, entsprechend zum Koalitionsvertrag.
00:11:46: So minimalistisch, dass ja damals der eigentlich signierte Wirtschaftsminister Carsten Linnemann
00:11:51: Generalsekretär gesagt hat, nee, also so minimalistisch ist dieses Ministerium, ich
00:11:56: bleib dann lieber Generalsekretär, weil ich mir eigentlich mehr erhofft hatte von diesem
00:11:59: Posten oder von diesem Zuschnitt. Ja, gute Rückerinnung, es wundert mich, dass sie sich
00:12:03: noch so lange rückerinnern können. Habe ich mir aufgeschrieben. Ah, okay, dann.
00:12:08: Apropos Solo-Ritt, worüber ja auch viel diskutiert wurde, war der Solo-Ritt von Friedrich Merz
00:12:14: in dem Fall wieder beim Thema Israelpolitik und da hat er ja auch sehr, sehr viel Kritikführer,
00:12:20: geplantet auch aus den eigenen Reihen und zwar jetzt nicht nur aus der Fraktion, sondern
00:12:23: auch von den Ministerpräsidenten, was ich mich zu der Frage geführt hat, wie stark
00:12:27: seine Machtposition nach innen ist bzw. ob diese Entscheidung eben auch als Bundeskanzler
00:12:33: mal getroffen werden müssen und das muss man dann auch als Machtdemonstration sehen
00:12:36: oder ob dieses Ausmaß an Kritik eigentlich eher dazu führt, dass man dazu sprechen
00:12:40: kann, dass ihm eine gewisse Position, Machtposition fehlt. Ja, es bestätigt erst mal wieder,
00:12:47: dass der Kommunikationsstil der eines CEOs ist, der einfach etwas sagt und das wird
00:12:54: dann so gemacht, also wie man das in der Wirtschaft eigentlich auch gelernt hat, aber dieses auch
00:13:00: integrative mitnehmende, vorab informierende Einbindende, was normalerweise so Integrationsamt
00:13:08: ausmacht, er will es nicht, er kann es nicht, er soll es nicht, das ist im Moment nach 100
00:13:16: Tagen noch völlig unklar, ich vermute er will es nicht, er sieht es auch gar nicht als
00:13:20: Notwendigkeit ein. So, das ist Teil seiner altersgemäßen Souveränität, das höchste
00:13:26: Amt erreicht zu haben, was er jemals politisch erreichen wollte und nicht auf Resonanz aus,
00:13:32: ist ihm alles egal. Das kann aus Bürger sich toll sein, weil es ihn so frei und unabhängig
00:13:37: macht, aber das wäre natürlich schon aus dem Umfeld ratsam zu sagen, wenn sowas verkündet
00:13:43: wird, vielleicht vorher mal die anderen Parteipräsidenten anzurufen, auch vorher mal natürlich
00:13:47: den Fraktionsvorsitzenden zu involvieren und das ist ja so nicht passiert. Der Außenminister
00:13:52: ist natürlich involviert worden, aber andere nicht und das hat kommunikativ die Qualität
00:14:00: des Stromsteuer-Desasters.
00:14:03: bei dem wir auch alle erwart haben, wir können ein paar Euro sparen, wurde angekündigt, ist dann
00:14:07: aber nicht gekommen. Das ist eine hohe Symbolkraft hat dieses Stromstreuer. Das war eine letztlich
00:14:14: unsinnige Konstellation, denn dafür die Kosten hätte man bestimmt auch noch irgendwo auftreiben
00:14:20: können. Da hat man viel an Vertrauen zusätzlich verspielt. Es passt zu dem vielen Koherenz in der
00:14:31: Abstimmung mit der Fraktion. Wir haben uns hier hergerissen, weil man muss ja nicht gleich richtig
00:14:37: in Kompetenz bemühen, aber nur einsame Entschadungen wird man auch nicht treffen. Natürlich kann
00:14:42: meine Außenpolitik stärker auch etwas eher ankündigen und nicht nur abstimmen, aber es ist
00:14:49: eine Identitätslinie, die die Union hier spürt. Das ist eine politische Identität der Union,
00:14:57: die zu Israel eben ein besonderes Verhältnis hat und dieses Staatsresort thematik über Merkel
00:15:04: ja ausformuliert, weitgehend interpretiert, offenbar auch auf die Möglichkeit für Israel
00:15:12: Gebiete zu annektieren, auch dafür gilt offenbar diese Staatsresort. Was man ja auch merkt,
00:15:19: dass die Bindung der CSU zu Israel noch man tickstärter ist als von der CDU, weil dann auch
00:15:24: Markus Höhle sich gemeldet hat, der ja auch im Sommerinterview mit der einen oder anderen
00:15:28: Idee wieder um die Ecke gekommen ist und wie soll ich sagen so als kleiner irgendwas zwischen
00:15:34: Unruhe, Herd, Mahnenderfinger oder bayerische Stimme ja auch immer noch mitbedacht werden muss.
00:15:40: Das stimmt. Wenn wir schon südlich gucken, dann kann man sehen, 100 Tage hat ja praktisch der Papst
00:15:44: auch hinter sich. Da kann man schon Parallelen sehen, der erstmal intern versucht sich zu
00:15:51: konsolidieren und nicht irgendwo gereist ist. Wir erinnern uns ja an Lampedusa, die erste Reise
00:15:56: des Vorgängerpaps, das ja also aus den Mauern aufbrechen wollte und Seelsorge weltweit transportiert
00:16:05: mit diesem Amt, der jetzt gelegt ist, komplett anders war. Jetzt kann man sagen, in Kirchen sind
00:16:10: ein super junger Mann, der noch Jahrzehnte wirken kann, sodass er das langsam angeht,
00:16:17: aber es ist ein ganz anderes Herangehen. Erst mal intern alles offenbar blätten, gucken,
00:16:22: wie man Personalpolitik betreibt und dann irgendwann wird er sich vorbereiten auf
00:16:26: außen und es ist vermessen, das mit Kanzler zu vergleichen, aber es war mehr als ja komplett
00:16:30: anders. Intern ist da nichts geglättet und konsolidiert. Da hat er irgendwelche Leute eingesetzt,
00:16:36: die im Moment noch sehr viel schwimmen. Bei der SPD ist es genauso, denke ich, mit der Abstrafung
00:16:44: des Parteipositzenden, mit dem neuen Generalsekretär, mit einem Fraktionsvorsitzenden, der das auch noch nie
00:16:50: vorher gemacht hat. Also das ist alles viel, viel glatteis. Aber sofort ins Flugzeug raus,
00:16:56: anderen Dingen versuchen, Solidarität zu zeigen, was ja auch sehr gut gelungen ist. Also interessant,
00:17:03: wie man so eine Startphase anlegt. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen war, wenn Sie noch dran erinnern,
00:17:09: als Chefredakteur die ersten 100 Tage. Da weiß ich, ich habe ja Vorteile, weil ich ja schon vorhin
00:17:13: hier als stellvertretender Chefredakteur aktiv war. Das heißt, es war eher so ein Fliegen der
00:17:18: Wechsel, aber ich habe tatsächlich auch erst mal alle Außenreaktionen besucht, die ich zwar schon kannte
00:17:23: und viele Gespräche geführt, aber bin ja auch nicht ganz neu in den Laden reingekommen. Was ich
00:17:32: mich aber eben bei der Beschreibung gefragt habe, wenn man jetzt auf die komplette Koalition
00:17:36: guckt, da sind ja auch viele Dinge nicht ausgesprochen. Erinnert mich eher an so eine komplizierte
00:17:40: Beziehung, wenn man nicht miteinander spricht und Sachen unter den Teppich kehrt oder nicht
00:17:44: aus dem Weg räumt, die sich ja dann aufstaunen, weil Sie haben vorhin schon über das Thema der
00:17:49: vermaled alten Richterwahl gesprochen. Das ist ja auch nie geklärt worden. Da gab es ja Vorwürfe
00:17:54: gegen die seitige Natur. Die SPD hat gesagt, jetzt redet mit ihr mal und bewegt euch. Die Union hat
00:18:00: gesagt, das funktioniert alles nicht. Das Thema Plagliat war eigentlich ja abgeräumt, obwohl
00:18:05: da auch niemand von der Union Fehler eingestanden hat und jetzt hat halt das Problem gelöst worden,
00:18:10: weil es den Rückzug der Kandidatin gegeben hat. Aber es hieß ja auch die ganze Zeit,
00:18:14: dass wird die SPD sich teuer bezahlen lassen. Wie schätzen Sie denn im Moment das Verhältnis
00:18:19: zwischen CDU und SPD ein? Das ist so stimmt. Also dann ob man gleich eine Paartherapie jetzt dazu
00:18:25: redet, glaube ich nicht. Ist vielleicht noch etwas früh. Aber die handelnden Personen müssen mehr
00:18:31: Kompromissbereiter sein. Ganz offenbar müssen eher Verständnis haben für ihre eigenen Mehrheiten.
00:18:39: Und sie brauchen, glaube ich, das Überwölbende bei einer gemeinsamen Arbeit, ist eben eine Zielvorstellung
00:18:46: als Leitvorstellung, die dann viel überbrückt. Wenn man eine Marke hat, die man in drei,
00:18:51: vier Jahren erreichen möchte, beispielsweise bei Sozialstaatsreformen zu sagen, das machen
00:18:57: wir jetzt. Und der Hauptkriterien können doch sein generationengerecht, also enkelgerecht so was
00:19:05: zu machen, ein Kriterium sein, dass die Menschen, die zu wenig haben, wesentlich mehr Geld bekommen,
00:19:12: also wirklich arme Rentnerinnen und Rentner, wirklich bedürftige Menschen, dass sie deutlich mehr
00:19:18: bekommen, ist ja auch ein Kriterium, was man einführt. Und das dritte Kriterium kann ja sein,
00:19:23: dass man also das aus so finanziert letztlich, dass es damit auch Einsparungsmöglichkeiten bietet.
00:19:38: Also es sind ja Kriterien, die nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, also an Sonderleitmelodie,
00:19:45: beispielsweise die Qualitätssicherung unserer freiheitlichen Demokratie unter den Bedingungen,
00:19:51: Sozialstaat, der stark ist, der robust ist zu haben, das hilft. Und das muss man einfach
00:19:58: ausbuchstabieren, weil wenn Demokratie freiheitssicherheit, Sicherheit garantiert und Wohlstand
00:20:04: bringen soll, dann müssen diese drei Bereiche auch ausbuchstabiert sein. Das muss aus der Mitte
00:20:11: heraus passieren. Und da finde ich, kann man sich nicht in floskelhaftes Sprechen retten,
00:20:17: sondern muss diese Perspektive entfalten. Und ich glaube, das, weiß man, aus Verhandlungstechniken
00:20:23: hilft sehr, wenn man diese große Perspektive hat. Thema, was Sie eben angesprochen haben,
00:20:29: Sozialstaatreform, hängt natürlich immer mit Geld zusammen. Geld in einem Staatssystem kommt
00:20:33: meistens durch Steuern rein. Lars Klingbein hat im ZDF-Sommerinterview Steuererhöhung zumindest
00:20:39: als möglich erachtet, weil er auch gesagt hat, man muss sich angesichts der Haushaltslage immer
00:20:44: die Frage stellen, wo kommt das Geld her? Und hat dort Hilfenverdiener angesprochen, der wo er
00:20:49: gesagt hat, diejenigen, die viel Geld verdienen, kann man natürlich auch überlegen, ob es ein
00:20:53: bisschen mehr geben. Da habe ich jetzt schon direkt bei der Union wieder die Sirenen hochgehen
00:20:57: hören, weil das ja das Reizthema ist, was in jedem Wahlkampf hochkommt, dass CDU und CSU sagen,
00:21:02: nein, wir gehen nicht an die Reform des Spitzensteuersatzes rein. Und Lars Klingbein hat es jetzt im
00:21:06: Sommerinterview platziert. Auch dort fehlt mir jetzt aktuell etwas, die Fantasie wie bei diesen Themen,
00:21:11: die ja alle Geld kosten, die anstehen. Wir haben auch schon drüber gesprochen, Rente,
00:21:15: war aber immer mal so rum, wer bebarst mit dem Vorschlag der Beamtenpension, jetzt wurde ja
00:21:20: wieder diskutiert, müssen Beamten in die normale Rente quasi eingegliedert werden, bringt das was,
00:21:24: bringt das nichts. Wir haben über das Gesundheitssystem schon gesprochen. Jetzt hat Lars Klingbein
00:21:28: dieses Thema platziert, wo ich mir jetzt auch schon sicher war, wenn es in einem aktuell
00:21:32: laufenden politischen Betrieb diskutiert werden würde, hätten wir den nächsten Diskussionspunkt
00:21:36: zwischen CDU und SPD. Das stimmt und wir brauchen, da haben wir auch schon drüber gesprochen, auch
00:21:41: gelungene Beispiele. Ich habe ja immer auf die Riedbahn verwiesen, es gibt jetzt andere Beispiele
00:21:47: aus dem Bildungssektor, aus Mobilitätsfragen, aus Digitalisierungsfragen, also wo ist mit
00:21:54: dem Geld, was jetzt da ist, konkret über Infrastruktur hinaus bereits ein Erfolg zu
00:22:01: verzeichnen. Daran kann man sich sehr gut orientieren und dann sich auch Lösen von diesen
00:22:06: reinen Koppelgeschäft denken, tauschen. Wir kriegen das, wir kriegen das. Das ist ja keine
00:22:13: Win-Win-Situation, die am Ende den Kuchen vergrößert, sondern sie führt nur zu kleinsten
00:22:19: gemeinsamen Nennern. In einer komplexen Gesellschaft gibt es den Ausweg nicht über diese Strategie
00:22:27: kleinster gemeinsame Nenner. Dann ist das schwer zu ertragen und dann kann die Legislaturperiode
00:22:34: noch sehr mühsam werden. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass alle auch aus den
00:22:40: Erfahrungen der Ampelzeit wissen, dass sie am Ende vor Wählerinnen und Wähler am meisten
00:22:46: gemeinsam profitieren, wenn sie ganz viel gemeinsam erfolgreich hinbekommen. Und das wirkt aus meiner
00:22:54: Sicht noch nach, und vielleicht nach dem holprigen Staat, könnte das etwas gangbares sein, was
00:23:01: im Herbst möglich ist. Ich schließe es auf jeden Fall nicht aus.
00:23:04: Bleibt ja auch der Befund, dass sich alle zusammen in einem Koalitionsvertrag Verantwortung
00:23:08: für Deutschland aufgesagt haben und dass man natürlich dazu sagen muss, dass knapp über
00:23:12: 100 Tage jetzt noch kein sehr langer Zeitraum ist, zumal ein Teil von den 100 Tagen auch
00:23:16: durch die Sommerpause nicht aktiv mit Parlamentarismus bestückt wurde. Trotzdem hätte ich das Gefühl,
00:23:22: dass es ein Neustart ist, vielleicht ein großes Wort, aber dass sich anders formuliert, die
00:23:27: Koalitionäre jetzt schon Gedanken machen müssen, mit welchem Signal und mit welcher
00:23:31: Art sie aus dieser Sommerpause rausgehen und vielleicht dann doch gemeinsam starten, weil
00:23:36: eben der Befund, wie man miteinander in diese etwas ruhigere Zeit gegangen ist, der Zustand
00:23:41: nicht befriedigend war. Was haben Sie denn für Erwartungen an den nächsten Wochen und
00:23:45: Monaten? Deswegen ist es ein Phasenmodell. Wir
00:23:48: hatten ja überhaupt keine Erwartungen an die neue Bundesregierung. Das war ja leidenschaftslos.
00:23:55: Einfach die Einzigen, die eine Mehrheit bilden konnten, in der Mitte waren die beiden. Da
00:23:59: macht man, so haben die meisten das betrachtet. Ein Aufatmen befreit von der Ampel, die sich
00:24:05: so nichts mehr durch aufraffen konnte, aber mehr war das ja nicht. Und dann ging das ganz
00:24:11: gut los. Erste Phase aus politischer Akzentuierung und dann kam mit Strompreisbremse und jetzt
00:24:17: vor der Sommerpause. Das Desaster, es ging auch nur los, weil wir ein bisschen gut los,
00:24:24: weil wir verdrängt hatten, dass wir zwei Wahlgänge brauchen. Das war vielleicht ein Indiz für
00:24:28: die Ampel Legislaturperiode. Die zweite Phase war da nicht günstig. Jetzt kann sein, dass
00:24:34: mal die dritte Phase anschließt, die geläutert verläuft. Alle haben ein bisschen dazugelernt.
00:24:43: Das Management ist besser. Man versucht sich anders abzustimmen. Man weiß, wie die Priorisierung
00:24:50: neu verläuft und kennt auch vielleicht Verletzlichkeiten bei den anderen. Ich weiß es nicht. Der Zeitraum
00:24:58: ist ideal. Es ist überhaupt keine Landtagswahl in Sicht. Im Frühjahr geht das los mit Stuttgart
00:25:04: und Mainz. Da kann man jetzt ein paar Monate richtig durchregieren und muss nicht unmittelbar
00:25:09: darauf achten. Natürlich wollen die Mainz an die Stuttgarter, dass die Politik so läuft,
00:25:13: dass es für die Parteien günstig ist. Die Regierenden, aber auch für die Opposition. Aber in der
00:25:18: Bedingung darüber könnte man wirklich in einer neuen, befreiten Radikalität diesen Herbst
00:25:24: angehen, weil nicht diese fünf Bundestagswahlen, die das nächste Jahr dann charakterisieren,
00:25:30: schon direkt anstehen. Ich freue mich, der Draftverkorte mit Ihnen in den nächsten
00:25:34: Wochen, befreiten radikal diesen Podcast weiter voranzutreiben und das politische
00:25:38: Geschehen zu analysieren. Das war doch ein schöner Start nach der Sommerpause, verbunden
00:25:42: A) mit der Frage, ob es heute noch eine Mozartkugel gibt. Ja, eher Mozart-Eis. Mozart-Kugel
00:25:48: nicht ist zu heiß. Das ist nicht so gut, aber Mozart-Kugel-Eis, das auf jeden Fall. Also
00:25:55: machen Sie Ihren Spitznamen aller Ehre heute. Also meinen Spitznamen. Ja, natürlich. Und ich
00:25:59: fand es schon, das war ein Friedensangebot, dieses erste Podcast. Ich glaube, ich formuliere
00:26:04: das jetzt mal aus an das Nobelpreiskomitee für den Friedens-Nobelpreis, den Chefredaktor
00:26:11: VAM. Das wäre ein Zeichen für freie Presse. Ja, wäre gut. Ich rechne mir durchaus Außenseiter-Chancen.
00:26:18: Vor allem, wenn so jemand Profundes wie Sie, der Korte, quasi diesen Namen nennt und damit
00:26:24: ja auch mit seinem Namen für meinen Namen steht, dann kann er. Aber in der Konkurrenz
00:26:28: mit Trump, es wird nicht einfach. Nee, es sind auf jeden Fall zwei Leute, die gerne viel reden.
00:26:35: Ja, okay. Dann, Herr Korte, was steht diese Woche noch an? Diese Woche steht noch eine
00:26:42: Ehrung an. Wieder für Sie. Ja, Herr Ministerpräsident. Das wollen wir nächste Woche darüber reden,
00:26:46: oder? Ja, ich kann es ja schon an. Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen wird mir die Verdienstmedallige
00:26:53: des Landes überreichen. Da ist doch im Friedens-Nobelpreis eine Lappalie dagegen, also die Rückwunsch-Herkorde.
00:27:01: Ja, das stimmt. Das kann man, also ich finde, es ist eine richtige Gewichtung. Also das steht auf jeden Fall diese Woche an.
00:27:07: Dann haben wir doch einen schönen Cliffhänger-Herkorde für unser Gespräch in unserem Podcast am nächsten
00:27:11: Montag, nämlich eine kurzere Blick auf Ihre Auszeichnung. Ich hoffe, Sie haben einen schönen Abend mit einer schönen
00:27:18: Auszeichnung und guten Gesprächen. Stimmt. Ich freue mich, dass Sie zugehört haben, die Behörerinnen und
00:27:23: Hörer, dass Sie zugesehen haben, wenn Sie uns auf YouTube nachverfolgt haben und die
00:27:27: Bayer Korte. Vielen Dank für das Gespräch und bis nächsten Montag. Bis dahin. Tschüss. Ciao.
00:27:49: Habt Ihr Themenwünsche, Feedback, Anregung oder Kritik, dann schreibt uns über Social Media oder per Mail an audio@vm.de.
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